Jurybegründung zu DAS EIGENE/HEIMAT – THE GUTS COMPANY
Die dreiköpfige Jury – bestehend aus Claudia Feest, Boris Michael Gruhl und Irina Pauls – hat über ein Jahr alle eingereichten Produktionen gesichtet und nun eine Entscheidung über die Preisträger getroffen. Am 28.09.2017 wurde der URSULA-CAIN-FÖRDERPREIS in der Semperoper Dresden wurde der Preis mit folgender Begründung offiziell übergeben:
„HEIMAT – ein von uns allen mehr oder weniger eingestandener Sehnsuchtsort oder nur lokalpatriotische Gefühlsduselei? Es ist meist ein schwieriges oder zumindest immer ein anspruchsvolles Unterfangen, speziell mit Hilfe des Mediums Tanz gesellschaftspolitische bzw. gesellschaftskritische Themen auf der Bühne zu verhandeln.
Die Choreografin Johanna Roggan und die Dramaturgin Célestine Hennermann wagen sich dennoch mutig auf dieses Terrain, um in ihrem dreiteiligen Projekt fragile Themen wie das Eigene und das Fremde zu hinterfragen – und das in einer Zeit, in der das Thema Fremdenfeindlichkeit, Nationaldenken und politische Rechtslastigkeit in Deutschland und speziell im Raum Sachsen in den Medien wiederholt problematisiert wird. Hier war entsprechend ein ganz eigenwilliger künstlerischer Zugang gefragt, der in dieser Inszenierung in besonderer Weise gelungen ist. Die erste Produktion des inzwischen abgeschlossenen Projektes „Das Eigene/HEIMAT“ – premiert bereits im April 2016 mit fünf Tänzerinnen und dem Dresdner Gnadenchor – scheut nicht die Darstellung deutschtümelnder Klischees, stellt aber auch Fragen nach Identität, sprachlicher Verwurzelung und der Verortung unserer Sehnsucht in Familie und „Heimat“.
Die Bühne im Gutmann-Saal des Dresdner Societaetstheater, mit dem the guts company im Rahmen des Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes eine zweijährige Kooperation eingegangen ist, wird optimal ausgereizt und mit gekonnt assoziativen Tanzbildern bespielt, ergänzt durch gelungene eigene Texte. In den Monologen zeigt sich die besonders individuelle darstellerische Ausdruckskraft der Tänzerinnen, sie schaffen den assoziativen Raum für Themen wie Angst, Wahn und Obsession.
Das Konzept bis hin zu den eigenwilligen Kostümen geht auf – mutig und stimmig zum Thema ist auch der den Stückrhythmus bestimmende Einsatz des raumfüllenden zehnköpfigen Männerchores. Hier hätte eine deutlichere Setzung von Bruchstellen vor allem in der 2. Stückhälfte mehr inhaltliche Schärfe und dramaturgische Spannung hervorlocken können – dennoch ist das Stück mehr als sehenswert und rechtfertigt den Förderpreis ohne jede Einschränkung.“
(Fotos: David Pinzer)
Herzlichen Glückwunsch!